Schulterprothese (Künstliches Schultergelenk)



Als Schulterprothese oder künstliches Schultergelenk wird der vollständige oder teilweise endoprothetische Ersatz eines verschlissenen oder verletzten menschlichen Schultergelenks bezeichnet. Ein künstliches Schultergelenk wird meist erst dann implantiert, wenn der Verschleiß des eigenen Schultergelenks soweit fortgeschritten oder die Verletzung so schwer ist, dass konservative und arthroskopische Behandlungsverfahren die Beschwerden nicht mehr ausreichend lindern und die Beweglichkeit bzw. Funktionalität des Gelenks nicht mehr ausreichend wiederherstellen können. Künstliche schultergelenke kommen zwar schon seit vielen Jahren zum Einsatz, werden aber wesentlich seltener implantiert als künstliche Hüftgelenke oder künstliche Kniegelenke. So werden in Deutschland jedes Jahr rund 25.000 Implantationen von Schulterprothesen durchgeführt. Mit der Hemiprothese (Oberarmkopfprothese), der Schultertotalendoprothese (Schulter-TEP) und der inversen (umgekehrten) Schulterendoprothese stehen dabei drei verschiedene Typen von Schulterprothesen zur Auswahl.

Welche Schulterprothesen gibt es?

Sind die Gelenkflächen des Schultergelenks durch

  • Verschleißerscheinungen,
  • Erkrankungen oder
  • Verletzungen

dermaßen geschädigt oder zerstört, dass weder konservative noch gelenkerhaltende Operationen einen Heilungserfolg versprechen, wird die Implantation einer Schulterprothese notwendig. Auf diese Weise sollen die Schmerzen in der betroffenen Schulter langfristig beseitigt und die maximale Beweglichkeit des Schultergelenks wiederhergestellt werden.

anontomic model of an schoulder replacement

 

Eine Schulterendoprothese ahmt die Form und Funktion des normalen Schultergelenks nach. Sie ermöglicht durch den Ersatz der verschlissenen Schultergelenkflächen am Oberarmkopf und gegebenenfalls auch an der Schulterpfanne die genaue Wiederherstellung selbiger. Je nach Art und Grad der Zerstörung des Schultergelenks und je nachdem, inwieweit die stabilisierende Muskulatur des Schultergelenks (Rotatorenmanschette) ebenfalls geschädigt ist, stehen drei verschiedene Schulterprothesen-Typen zur Auswahl:

  • die Hemiprothese der Schulter, auch Oberarmkopfprothese genannt, bei der lediglich die Gelenkfläche des Oberarmkopfes ersetzt wird,
  • die Schultertotalendoprothese, auch Schulter-TEP genannt, bei der sowohl die Gelenkfläche des Oberarmkopfes, als auch die der Schulterpfanne ersetzt wird, und
  • die inverse (umgekehrte) Schulterendoprothese, bei der der konvexe und der konkave Gelenkpartner des Schultergelenks vertauscht werden.

Jede dieser Prothesen ist in unterschiedlichen Größen und Varianten erhältlich und kann individuell an die Anforderungen des Patienten angepasst werden. Welcher Schulterprothesentyp letztlich implantiert wird, richtet sich nach Alter, Knochenqualität und der körperlichen Aktivität des Patienten.

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Hemiprothese (Oberarmkopfprothese)

Bei einer Schulter-Hemiprothese – auch Oberarmkopfprothese genannt – handelt es sich um einen Teilersatz des Schultergelenks. Bei diesem bleibt die natürliche Schulterpfanne (Glenoid) erhalten und lediglich der Oberarmkopf (Humeruskopf) wird durch eine Endoprothese ersetzt. Sie kommt zum Einsatz, wenn

  • die Rotatorenmanschette nur wenig geschädigt ist und
  • die Schulterpfanne noch genügend Gelenkknorpel und
  • keine wesentliche Deformierung aufweist.

Prinzipiell stehen dabei mit der Kappenprothese und der Stiel- bzw. Schaftprothese zwei Typen von Oberarmkopfprothesen zur Verfügung.

Die Kappenprothese ist die kleinste und einfachste Variante einer Oberarmkopfprothese. Bekannt  ist sie auch unter den Begriffen Cup-Prothese, Oberflächenersatzprothese, Humeruskopf-Oberflächenersatz oder kappenartiger, humeraler Gelenkflächenersatz. Mit dieser Prothese wird lediglich die Oberfläche des defekten Oberarmkopfes, also der zerschlissene Gelenkknorpel am Humeruskopf, ersetzt. Diese Prothese ist eine Metallkappe, die im Knochenrohr des Oberarms auf die abgeschliffene Oberfläche des Oberarmkopfes gesetzt wird. Diese geschieht ohne zusätzliche Verankerung. Der natürliche Knochen wird bei der Implantation einer solchen Kappenprothese weitgehend erhalten und geschont, da der Oberarmschaft dabei nicht geöffnet und nur die Oberfläche des Oberarmkopfes vorgefräst werden muss.

Die sogenannte Schaftprothese wird im Gegensatz zur Kappenprothese nicht nur einfach auf den Oberarmkopf aufgesetzt, sondern mit einem Prothesenstil verankert. Je nachdem, wie lang dieser Prothesenstil ist, wird in der Regel zwischen Kurzschaftprothesen, konventionellen Schaftprothesen und modularen Langschaftprothesen unterschieden. Darüber hinaus gibt es auch schaftlose Schulterprothesen, die mit speziellen Schrauben oder Krallen im Oberarmkopf fixiert werden. Schaftprothesen und schaftlose Prothesen sind weniger knochenschonend als Kappenprothesen, da zur Implantation der Oberarmschaft geöffnet und ein Anteil des Oberarmknochens herausgenommen werden muss.

Schultertotalendoprothese (Schulter-TEP)

Als Schultertotalendoprothese bzw. Schulter-TEP wird der vollständige Ersatz des Schultergelenks bezeichnet. Hierbei werden alle Teile des Schultergelenks, also die Gelenkfläche des Oberarmkopfes und der Schulterpfanne durch eine Endoprothese ersetzt. Die Implantation einer Schulter-TEP wird notwendig, wenn der Verschleiß des Schultergelenks sowohl den Oberarmkopf, als auch die Schulterpfanne betrifft und beide Gelenkflächen schwere Knorpelschäden und eine deutliche Deformierung aufweisen. Als Oberarmkopfprothese kann bei der Schulter-TEP entweder eine Kappenprothese oder eine Schaftprothese zum Einsatz kommen.

 

3d rendered illustration of a shoulder replacement

 

Ob bei der Implantation einer Schulterendoprothese zusätzlich zum Oberarmkopf auch die Schulterpfanne ersetzt werden kann und sollte, hängt unter anderem von der individuellen Situation des jeweiligen Patienten, der ursächlichen Grunderkrankung, die zum Verschleiß des Gelenkknorpels an der Schulterpfanne geführt hat, und der Art des Knorpelverschleißes ab. So ist beispielsweise bei Patienten mit sehr steifen Gelenken, hoher Schulterbelastung oder schweren Knochensubstanzverlusten der endoprothetische Ersatz der Schulterpfanne nicht möglich.

Der Vorteil einer Schulter-TEP gegenüber einer Hemiprothese besteht darin, dass die Patienten in der Regel deutlich weniger Schmerzen und eine bessere Beweglichkeit des Schultergelenks haben. Allerdings lockert sich nach dem Einsatz einer Schulter-TEP der Schulterpfannen-Ersatz eher als die Oberarmkopfprothese und macht eine frühere Nachoperation notwendig.

Inverse (umgekehrte) Schulterprothese

Wenn nicht nur die Knochen- und Knorpelstrukturen des Schultergelenks geschädigt sind, sondern auch eine ausgeprägte Schädigung der Rotatorenmanschette vorliegt, ist die Implantation einer Hemi- oder Totalprothese, die sich an der anatomischen Beschaffenheit des natürlichen Gelenks orientiert, nicht mehr möglich. Die verbleibenden Muskeln können in diesem Fall nämlich die Stabilisierung und Bewegung des künstlichen Schultergelenks nicht mehr gewährleisten. Bei starker Schädigung der Rotatorenmanschette kommt deshalb eine spezielle, gelenkstabilisierende Schulterendoprothese – die sogenannte inverse Schulterprothese – zum Einsatz, die für die Bewegung des Schultergelenks nicht auf die Muskeln der Rotatorenmanschette angewiesen ist.

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Bei einer inversen bzw. umgekehrten Schulterprothese – auch reverse Schulterprothese genannt – sind der konvexe und der konkave Gelenkpartner des Schultergelenks vertauscht. Das heißt, am Oberarmkopf, der in der normalen Anatomie den konvexen Gelenkpartner darstellt, wird eine künstliche konkave Gelenkpfanne implantiert, während an der Schulterpfanne ein dem Oberarmkopf ähnlicher, kugeliger metallischer Kopf befestigt wird. Durch diese umgekehrte bzw. inverse Anordnung der Gelenkpartner wird die Stabilität des künstlichen Schultergelenks garantiert und die Bewegung der Schulter mit der noch vorhandenen Muskulatur ermöglicht.

Eine inverse Schulterendoprothese ist nicht für junge und aktive Menschen geeignet, da es bei einem erhöhten Aktivitätslevel schnell zu einer Lockerung kommen kann. Die Möglichkeiten eines Prothesenwechsels nach einer Lockerung der inversen Schulterprothese sind zudem begrenzt. Sie wird deshalb in der Regel nur bei Patienten, die älter als 65 Jahre sind, eingesetzt.

Verwendete Materialien der Schulterprothese

Da ein künstliches Schultergelenk dauerhaft im Körper verbleiben soll, darf das für die Komponenten einer Schulterendoprothese verwendete körperfremde Material keine Abstoßungs- bzw. Unverträglichkeitsreaktionen auslösen oder frühzeitig verschleißen. Eine Schulterprothese besteht deshalb aus unterschiedlichen Materialien, die sich zum einen durch eine gute Körperverträglichkeit und eine möglichst lange Haltbarkeit auszeichnen und zum anderen eine störungs- und schmerzfreie Bewegung des künstlichen Schultergelenks gewährleisten. Bei diesen Materialien handelt es sich in der Regel um spezielle Metalle, Kunststoffe (Polymere) und Keramik.

 

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So werden für die Oberarmkopfprothesen meist spezielle, besonders körperverträgliche Metalllegierungen, beispielsweise Titan- oder Chrom-Kobalt-Legierungen, oder gegebenenfalls Keramik verwendet. Der endoprothetische Ersatz der Schulterpfanne besteht dagegen normalerweise aus einem speziellen, sehr harten Kunststoff wie Polythylen, der den Gelenkknorpel des natürlichen Schultergelenks nachahmt und so als Gleitfläche dient. Aus welchen Materialien genau sich die einzelnen Komponenten einer Schulterendoprothese letztlich zusammensetzen, hängt von den individuellen Gegebenheiten des Patienten ab und wird vorab vom Operateur entschieden.

Aufbau der Schulterendoprothese

Eine Schulterprothese ist dem natürlichen menschlichen Schultergelenk nachempfunden und setzt sich, je nachdem, ob es sich um eine Hemiprothese der Schulter oder eine Schultertotalendoprothese (Schulter-TEP) handelt, aus ein bis drei Kompomenten zusammen:

  • einer Oberarmkopfkompomente,
  • einem Prothesenschaft und
  • einer künstlichen Schulterpfanne (Glenoidersatz).

Bei der Oberarmkopfkompmente handelt es sich entweder lediglich um eine Metallkappe, die als Oberflächenersatz auf den natürlichen Oberarmkopf aufgesetzt (Kappenprothese) bzw. mit Schrauben im Oberarmkopf fixiert (schaftlose Prothese) wird, oder um einen Metallkopf, der auf einen zuvor im Oberarmknochen implantierten Prothesenschaft aufgesteckt wird. Als Prothesenschaft stehen prinzipiell Kurzschaftprothesen, konventionelle Schaftprothesen oder Langschaftprothesen zur Auswahl. Bei einer Schultertotalendoprothese (Schulter-TEP) wird zusätzlich als Gegenlager für den Metallkopf der Oberarmkopfprothese eine künstliche Schulterpfanne (Glenoidersatz) implantiert.

Wie wird ein künstliches Schultergelenk im Knochen verankert?

Die Verankerung einer Schulterprothese, sprich die Verankerung der einzelnen Komponenten eines künstlichen Schultergelenks an den körpereigenen Knochen der Schulter, kann auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen. Grundsätzlich wird hierbei zwischen einer zementierten Verankerung mit Hilfe von sogenanntem Knochenzement und einer zementfreien Verankerung durch einen Presssitz unterschieden. Daneben ist auch eine Fixierung der Schulterendoprothese mit speziellen Schrauben möglich.

Die verschiedenen Arten der Verankerung können bei einer Schulterprothese unterschiedlich miteinander kombiniert werden. So ist es zum einen möglich, alle Komponenten der Schulterprothese entweder einzuzementieren oder zementfrei zu verankern. Zum anderen kann auch eine Komponente des künstlichen Schultergelenks, etwa die Oberarmkopfprothese, zementfrei fixiert werden, während die andere Komponente, also die künstliche Schulterpfanne, mit Knochenzement befestigt wird.

Welche Art der Verankerung bei einer Schulterendoprothese zum Einsatz kommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Hierzu gehören beispielsweise

  • die Qualität des natürlichen Knochens,
  • das Alter des Patienten,
  • die Ausprägung der Schulterarthrose und
  • das Ausmaß der Schädigung der Rotatorenmanschette.

Die Entscheidung fällt der Operateur nach der Auswertung verschiedener Voruntersuchungen (u.a. Röntgen, Computertomographie) und in Absprache mit dem Patienten.

Zementierte Schulterprothese: Verankerung einer Schulterendoprothese mit Knochenzement

Die zementierte Verankerung der einzelnen Komponenten eines künstlichen Schultergelenks erfolgt mit sogenanntem Knochenzement. Dabei handelt es sich um einen speziellen sehr harten Kunststoff – meist sogenanntes hoch vernetztes Polythylen -, der sich nach der Verarbeitung sehr schnell verhärtet und die einzelnen Komponenten der Schulterprothese fest mit den natürlichen Knochen der Schulter verklebt.

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Eine zementierte Verankerung des künstlichen Schultergelenks mit Knochenzement ist notwendig, wenn die natürliche Knochenstruktur des Patienten nicht mehr stabil genug für eine zementfreie Verankerung ist. Bei Patienten, die älter als 70 Jahre sind, kommt daher in den meisten Fällen die zementierte Verankerung zum Einsatz. Bei der zementierten Variante besteht sofort nach der Implantation eine feste Verbindung zwischen der Schulterendoprothese und dem natürlichen Knochen, was eine frühzeitigere Belastung des operierten Schultergelenks unter krankengymnastischer Anleitung ermöglicht.

Zementfreie Schulterprothese: Verankerung einer Schulterendoprothese mit Presssitz

Bei der zementfreien Verankerung werden die einzelnen Komponenten einer Schulterprothese passgenau in die natürlichen Knochen eingefügt und durch einen Presssitz im Knochen festgeklemmt und verankert. Die rauen Oberflächen der Prothesenteile gelangen dabei in direkten Kontakt mit dem körpereigenen Knochengewebe, das daraufhin langsam um die Prothesenteile herum bzw. in die Prothesenteile hineinwächst.

Die Voraussetzung für eine zementfreie Verankerung der Schulterendoprothese ist eine gute Knochenqualität und Knochenstruktur. Diese ermöglicht ein langsames Einwachsen des körpereigenen Knochengewebes in das künstliche Schultergelenk. Unmittelbar nach der Implantation wird die Festigkeit der zementfreien Schulterprothese durch den Presssitz garantiert. Mit dem zunehmenden Einwachsen des Knochengewebes, das etwa ein Jahr dauern kann, entsteht schließlich allmählich eine dauerhafte feste Verbindung zwischen Knochen und Schulterprothese.

Schulter-OP zur Implantation einer Schulterprothese

Die Implantation eines künstlichen Schultergelenks ist ein in spezialisierten Kliniken mittlerweile relativ häufig durchgeführter Eingriff. So werden in Deutschland inzwischen jedes Jahr rund 25.000 künstliche Schultergelenke eingesetzt. Komplikationen treten während und nach der Implantation einer Schulterprothese eher selten auf. Dennoch besteht wie bei allen operativen Eingriffen ein gewisses Restrisiko für Nachblutungen und Blutergüsse im Operationsgebiet, Wundheilungsstörungen, bakterielle Infektionen, Narbenbildungen, Schmerzen und Schwellungen sowie die Bildung von Blutgerinnseln (Thrombosen) in den Beinen.

Prothesenwechsel des künstlichen Schultergelenks

Beim Prothesenwechsel der Schulterprothese – auch Revisions- bzw. Wechseloperation eines künstlichen Schultergelenks genannt – handelt es sich um den operativen Austausch einer schadhaften, gelockerten oder luxierten Schulterprothese.

Schulter-Reha nach der Implantation einer Schulterprothese

An den stationären Krankenhausaufenthalt schließt sich in der Regel eine 3- bis 4-wöchige Rehabilitationsmaßnahme – auch Anschlussheilbehandlung genannt – an. Diese kann entweder ambulant von zu Hause aus oder stationär in einer Reha-Klinik, beispielsweise einem Schulterkompetenzzentrum, durchgeführt werden.